Die Corona-Krise fordert neue Wege. Nicht nur für die Bewältigung des Alltags und die Freizeitbeschäftigung, auch für die Kommunikation. Was ist anders? Das Gute vorweg: Die Geschäftsführung ist nicht schuld daran. Das Schwierige: Standard-Vorgehensweisen sind auf die aktuelle Situation nicht anwendbar. Während es normalerweise kaum vorstellbar wäre, dass eine Geschäftsführung Unsicherheit einräumt, ist es aktuell notwendig. Trotz aller Ungewissheit, gibt es drängende Themen. Und es gibt Chancen, den Kundenkontakt zu halten und zu stärken.

Gerade jetzt braucht es Informationen
PR und Marketing sind in Zeiten von Corona schwierig. Gängige Werbespots wirken wie aus der Zeit gefallen. Dabei ist Kommunikation gleichzeitig wichtiger denn je. Wie soll ein Unternehmen kommunizieren, wenn es in Deutschland offenbar nur noch ein Thema gibt? Unternehmen sind in eine Art Schockstarre verfallen. Vieles wird gestoppt, zurückgestellt und überprüft. Das ist sinnvoll, weil alte Pläne oft nicht mehr in die jetzige Corona-Zeit passen. Aber es gibt ein großes Bedürfnis nach umfassender Information.

Schnell und direkt informieren 
Die für alle völlig neue Situation macht es notwendig, den Blick zu öffnen für neue Wege. Vieles funktioniert online, was vorher undenkbar war. Corona setzt ungeahnte Kreativität frei.

Es ist die Zeit der Sozialen Medien. Weil dort vieles geht, was im Alltag Einschränkungen unterliegt. Sie sind für viele Menschen aktuell der einzige Weg, um mit Freunden in Kontakt zu bleiben. Sie spielen Onlinespiele, schauen Filme und suchen nach Informationen. Die Welt ist online – und Unternehmen nutzen ihre Social-Media-Präsenzen weil die Kommunikation dort besonders schnell und direkt funktioniert. Während Facebook und YouTube kämpfen müssen, dass die Server nicht zusammenbrechen, verzeichnen viele Unternehmensberichte mit guten Beiträgen enorme organische Reichweiten.

Nicht gegen das alles überlagernde Thema angehen
Normale Unternehmensbotschaften oder gar Produktinformationen finden kaum noch Gehör. Die Menschen haben drängendere Probleme und andere Interessen. Es sollte niemand die Aufmerksamkeit um jeden Preis suchen, sondern vorsichtig die eigene Kommunikation abwägen. Dafür kommt auch wieder die Zeit. Zunächst aber ist es besser, diese zurück zu stellen.

Nur echte Hilfen bieten
Zurzeit wird die digitale Welt geradezu überschwemmt von einer Welle von Hilfsangeboten. Dies ist grundsätzlich wunderbar. Wenn Restaurants und Einzelhändler Lieferservices anbieten, Hotels ihre Zimmer als „Home-Office“ zur Verfügung stellen, hat das einen kommerziellen Hintergrund. Ist das Angebot kreativ und handelt es sich um kleine Unternehmen, wird das Angebot positiv aufgenommen. Wer hingegen gezielt auf Corona eingeht, um darüber sein Geschäftsmodell zu promoten, macht sich verdächtig, die Krise für sich auszunutzen.

250 Millionen Dollar stellt Google bereit für Gesundheitsbehörden, 340 Millionen für kleine Firmen. Während kleinen Unternehmen eine nicht uneigennützige Aktion verziehen wird – in diesen Fällen erzielen sie bestenfalls keine Wirkung – werden größere Unternehmen und erst recht Konzerne kritisch durchleuchtet. Denn auch Google verzeichnet in der aktuellen Situation riesige Werbeeinbußen.

Was ist Eigennutz und was ist ein echtes Hilfsangebot? Die Grenzen sind fließend und sicherlich auch Sache der individuellen Auslegung. Das macht es nicht leicht, zu entscheiden: Welcher Help-Content passt wirklich in diese Zeit? Wie kann ich einen echten Beitrag zur Krisenbewältigung leisten? Ist der Bezug zum Unternehmen echt oder konstruiert? Insbesondere diese Fragen sind sorgfältig abzuwägen.

Solidarität auf allen Ebenen
Die aktuelle Situation setzt ein bislang nicht gekanntes Maß an Solidarität frei. Solidaritätsbekundungen wie #wirbleibenzuhause durchfluteten die Sozialen Medien. Dem schließen sich auch Unternehmen an und berichten ihren Kunden beispielsweise aus ihrem Homeoffice-Alltag oder bedanken sich öffentlich bei ihren Mitarbeitern, die „den Laden am Laufen halten“.

Restaurants, Frisöre, Einzelhändler rufen ihre Kunden dazu auf, nicht online zu kaufen, sondern die Betriebe in der eigenen Region zu unterstützen und stoßen damit mehr denn je auf offene Ohren. Doch auch umgekehrt zeigen Unternehmen Solidarität.

Textilhersteller Trigema hat seine Produktion auf die dringend benötigte Schutzbekleidung umgestellt und erstellt unter anderem Mundschutze. Wolfgang Grupp wird für sein pragmatisches Handeln und seine Bekundung, keine Anträge auf Soforthilfe oder Kurzarbeit zu stellen, höchster Respekt zuteil. Hingegen stößt die Ankündigung von Adidas, Deichmann und Co, keine Miete mehr für ihre Ladenlokale zahlen zu wollen, auf allgemeine Empörung. Die Gesellschaft reagiert äußert sensibel auf Doppelmoral und Egoismus.

Empathie wirkt

Unternehmen sollten Verständnis zeigen für die aktuellen Sorgen und Nöte ihrer Kunden und Gäste. Und auch umgekehrt, Menschen sind in Krisenzeiten offen für deren emotionale Botschaften. Bäcker Gerald Bosselmann beispielsweise hat mit seinem Video viel Aufmerksamkeit erhalten. Mit den Tränen kämpfend, hat er auf die Nöte seines Unternehmens hingewiesen. Das Video ging in den Sozialen Medien viral und wurde sogar von den Nachrichtenmedien aufgegriffen.

Offen und ehrlich
Schon kurz nach Bosselmanns Auftritt tauchte ein Schreiben auf, in dem er seinen Mitarbeitern mit fristloser Kündigung drohte, sollten sie sich auf Corona-Partys leichtfertig infizieren oder den Virus als Vorwand nehmen, um krank zu feiern. In einer Art Shit-Storm wurde ihm fehlende Empathie vorgeworfen. Dies war für Bosselmann nicht vorhersehbar. Doch wiederum reagierte er intuitiv richtig. In einem Spiegel-Interview bat er um Verständnis und entschuldigte sich. Dabei argumentierte er emotional und glaubhaft: „Ich habe mich gefühlt wie ein Familienvater, der einmal sagen muss: bis hierhin und nicht weiter. Ich habe mich im Ton vergriffen, aber wer will das einem schulden in einer Zeit, wo niemand weiß, wie lange wir als Firma noch überleben?… Ich war einfach wütend und vor allem auch in Sorge.“ Das zeigt: Man darf auch Fehler machen, wenn man sie  zugibt.

Transparent machen
Wer sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befindet, sollte und kann dies gerade jetzt transparent machen, ohne Gefahr zu laufen, sich fehlende Verantwortung oder Weitsicht vorwerfen lassen zu müssen. Inwiefern ist das Unternehmen von der Corona-Krise betroffen? Wie sind die Zusammenhänge? Welche Räder stehen still, warum und welche Auswirkungen hat das? Auf diese Weise zeigen Unternehmen ihre Glaubwürdigkeit, bauen Vertrauen auf und machen ihr Handeln nachvollziehbar. Dies kann sich sogar nachhaltig positiv auf die Kundenbeziehung auswirken.

Flexibilität ist notwendig 
Niemand kann einen Blick in die Glaskugel werfen. Darum ist es wichtig, in kleinen Schritten vorzugehen und die Strategie immer wieder flexibel der aktuellen Situation anzupassen. Dabei ist es möglich, auf offizielle Quellen zu verweisen, die die Situation belegen. Niemand wird es übel nehmen, wenn das Unternehmen zugibt, bestimmte Dinge nicht zu wissen – eher im Gegenteil.

Den Blick nach vorn richten
Zu zeigen, dass die Lage ernst ist aber nicht hoffnungslos, ist ehrlich und macht Mut. Idealerweise sollten Unternehmen vorsichtig in die Zukunft blicken und eine Perspektive aufzeigen, so schwer diese manchmal auch sein mag. Wer handelt, neue Ideen entwickelt und einen gewissen Grundoptimismus offenbart, zeigt Stärke. Diese Aussagen erreichen die Bezugspersonen in ihrer ebenfalls schwierigen Lage und in einem emotionalen Ausnahmezustand. Seriös gedacht und vorgetragen, werden sie voraussichtlich ihr Ziel erreichen.

Vorbereitet sein auf die Zeit nach Corona
Unternehmen können die Zeit des Stillstands nutzen, um an Projekten zu arbeiten, die zuvor aufgrund anderer Prioritäten hintenangestellt wurden, vorbereiten, was nach der Krise voraussichtlich wichtig sein wird. Vieles ist unklar, aber manches zeichnet sich ab. Auch dies können sie in der Kommunikation deutlich machen. Wer jetzt auf diese Weise zeigt, dass er für seine Kunden und Gäste da ist, wird über die Krise hinaus davon profitieren.

Das REDAKTIONSBÜRO susanne schulten ist Mitglied in der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) und arbeitet entsprechend dem Kodex des Deutschen Rats für Public Relations (DRPR).

Kodex des DRPR

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